Schulen

Welche Kompetenzen afrikanische Lehrkräfte brauchen

Ein aktuelles Buch behandelt soziale Gerechtigkeit im Schulwesen – und was in Afrika diesbezüglich geschehen muss.
Young woman in Pädagogikstudentin der südafrikanischen Universität Stellenbosch unterrichtet 2015 Grundschulkinder. traing at Stellenbosch University, South Africa, in 2015. Thomas Raupach/Lineair Young woman in Pädagogikstudentin der südafrikanischen Universität Stellenbosch unterrichtet 2015 Grundschulkinder. traing at Stellenbosch University, South Africa, in 2015.

In der Bildung hat soziale Gerechtigkeit zwei Dimensionen: erstens soziale Inklusion im Sinne guter Bildung für alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft und zweitens gesellschaftspolitische Lehrinhalte wie die Ursachen von Armut und mögliche Gegenmaßnahmen. Beides ist nötig, damit junge Menschen zu mündigen Bürgern eines demokratischen Staates heranwachsen.

In Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen haben die Schulbesuchsquoten – vor allem in der Primarstufe – in den vergangenen beiden Jahrzehnten deutlich zugenommen. Leider hapert es oft an der Qualität des Unterrichts. Gerade in Ländern mit großer kultureller und sprachlicher Vielfalt sind die Herausforderungen objektiv groß. Allzu oft werden Kinder in einer Sprache angeschrien, die sie gar nicht verstehen, und vielleicht sogar geschlagen, wenn sie eine Frage nicht so, wie von der Lehrkraft erwartet, beantworten (siehe Laura Hinze im Schwerpunkt unserer digitalen Monatsausgabe 2021/04).

Kleine Kinder sollten in ihrer Muttersprache Unterricht bekommen, und die Lehrinhalte sollten ihrer Lebenswirklichkeit entsprechen. Es ist gut, wenn dabei die Traditionen ihrer Gemeinschaften berücksichtigt werden (siehe Boro Baski in E+Z/D+C Magazin). Leider betrachten aber viele akademisch gebildete Lehrer ihre Dorfkulturen als rückständig und schauen auf sie herab.

Schon in jungen Jahren können Kinder auf Benachteiligungen und deren Konsequenzen aufmerksam gemacht werden. Später sollten sie juristische, historische, politische und kulturelle Aspekte von Ungleichheit verstehen lernen. Sie müssen erfahren, welche soziale Sicherungssysteme es gibt. Sonst können sie diese später weder selbst in Anspruch nehmen noch anderen diesbezüglich helfen. Heutzutage ist auch Wissen über globale Zusammenhänge wichtig.

Wo Ungleichheit ausgeprägt ist, kommt es auf soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen besonders an. Dort ist es aber auch besonders schwer, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Wesentlich ist jedenfalls die Kompetenz der Lehrkräfte. Ein kürzlich von Routledge verlegtes Buch untersucht, was das für das Lehramtsstudium in Afrika bedeutet.

Es handelt sich um eine akademische Aufsatzsammlung, die leider viele an afrikanischen Grundschulen lehrende Menschen überfordern dürfte. Die Herausgeberinnen sind Carmel McNaught und Sarah Gravett von der Universität Johannesburg. (Ich selbst habe übrigens ein Kapitel über Sozialpolitik beigesteuert, und Carmel McNaught veröffentlichte vor Kurzem einen Beitrag im Schwerpunkt unserer digitalen Monatsausgabe 2021/04.)

Es fällt auf, dass mehrere Kapitel sich recht grundsätzlich mit Fragen von sozialer Inklusion und Ungleichheit beschäftigen. Der Diskussionsbedarf ist offensichtlich in Afrika größer als hierzulande. Da mehrere Autoren aus Südafrika stammen, ist das Buch in gewissem Maße auch Ausdruck des dortigen Ringens um ein neues, nicht vom Rassismus geprägtes Verständnis von Nation und Sozialstaatlichkeit.

Es überrascht hingegen nicht, dass manche Konzepte, die in Schulen funktionieren, auch für das Lehramtsstudium taugen – „Service Learning“ zum Beispiel. Der Begriff steht dafür, dass Lernende in der Schulumgebung soziale Dienste erbringen. Zu den Vorteilen gehören:

  • neue persönliche Erfahrungen statt abstraktem Argumentieren,
  • Ausdehnung des Bekanntenkreises über die eigene soziale Schicht hinaus und
  • höhere Motivation durch sichtbare Wirkung.

Richtig ist sicherlich auch, dass Studierende einen Teil des Kursprogramms in ihrer Muttersprache absolvieren können sollten. Die Forderung, dass gesamte Programm solle auf Zulu, Xhosa oder einer anderen Regionalsprache angeboten werden, scheint dagegen überzogen. Gerade in einem mehrsprachigen Land sollten Bürger nicht nur ihre eigene Sprache beherrschen. Und wer keine Weltsprache beherrscht, kann mit Büchern wie dem hier rezensierten nichts anfangen.


Buch
McNaught, C., and Gravett, S., 2021: Embedding social justice in teacher education and development in Africa. London and New York, Routledge.

Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit /D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu

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