Vereinte Nationen

70 Jahre Menschenrechtspolitik

2018 jährt sich die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEdMR) zum 70. Mal. Das zentrale Menschenrechtsdokument wurde erarbeitet und verabschiedet als Reaktion auf die totale Negation der Menschenwürde im Nationalsozialismus.
picture alliance /Winter/Timeline Images The fall of the Berlin Wall in 1989 was a turning point. picture alliance /Winter/Timeline Images

Die Erklärung enthält einen globalen Konsens über dass, was Menschenwürde ausmacht. Sie umfasst sowohl bürgerliche und politische Rechte als auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschen-rechte. Sie betont, dass sie alle geachtet, geschützt und gewährleistet sein müssen, um die Würde jeder Person, jedes Menschen zu realisieren.
Der beginnende Kalte Krieg führte allerdings frühzeitig zu einer Instrumentalisierung der Menschenrechte. Der Westen konzentrierte sich auf bürgerliche und politische Menschenrechte und kritisierte entsprechende Verletzungen im Osten, während umgekehrt der Osten auf Umsetzungsprobleme bei wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten im Westen verwies. Aufgrund des Kalten Kriegs waren die Folgen aber gering.
Der Konflikt ließ es nicht zu, einen zentralen Menschenrechtsvertrag zu erarbeiten. Die Kodifizierung der Menschenrechte in bindendem Völkerrecht erfolgte deshalb in zwei Verträgen: dem Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte sowie dem Pakt über bürgerliche und politische Rechte. Beide wurden 1966 von der UN-Generalversammlung angenommen und sind seit 1976 in Kraft.
Nach dem Fall der Berliner Mauer änderte sich die Lage. Die Konkurrenz von USA und Sowjetunion war beendet und die UN wurden tendenziell zu einem Forum, in dem internationaler Konsens zu verschiedenen Themen formuliert wurde. Die Menschenrechte in allen Dimensionen gewannen an Bedeutung.
Im Grunde haben alle neueren Verfassungen, die nach dem Ende des Kalten Krieges angenommen wurden, einen umfassenden Grundrechtskatalog. Beispielhaft gilt das etwa für die südafrikanische Verfassung von 1994, die auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte in den Grundrechtskatalog aufgenommen hat. Die zentralen Menschenrechtsverträge sind auf dem Weg zu einer quasi universellen Ratifikation. Mittlerweile haben zum Beispiel 110 Länder ein nationales Institut für Menschenrechte, die in der Globalen Allianz der Nationalen Menschenrechtsinstitutionen kooperieren. Die Institute dienen dem Monitoring im eigenen Land, beobachten aber auch internationale Tendenzen – wie von der Wiener Menschenrechtskonferenz 1993 gefordert. Sie arbeiten selbstverständlich auch mit zivilgesellschaftlichen Menschenrechtsschützern zu­sammen. Die intensive Vernetzung trägt unter anderem zu zuverlässigeren Daten und schnellerer wechselseitiger Information bei.
Auch gesellschaftspolitisch hat sich in vielen Ländern viel getan, hin zu einer verbreiterten Anerkennung von Menschenrechten in der Zivilgesellschaft. Dies lässt sich beispielsweise an einer global zunehmenden Kritik an Frauendiskriminierung und Gewalt gegen Frauen feststellen, dem Schutz von Kindern und Minderheiten oder der Anerkennung der Bedeutung von Menschenrechtsverteidigern. Jede diese Erweiterungen ist natürlich immer auch Ergebnis von gesellschaftlichen Ausein-
andersetzungen und Veränderungsprozessen.
Klar ist jedoch auch, dass das Pendel inzwischen wieder zurück schwingt. In über 70 Ländern hat es in den vergangenen Jahren neue Gesetze zur Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten und des politischen Spielraums von zivilgesellschaftlichen Organisationen gegeben, wie die internationale Bürgerrechtsorganisation Civicus (2017) berichtet. Sie ist ein zuverlässiger Beobachter der Einhaltung demokratischer Rechte.
Der Bertelsmann Transformations-Index weist in die selbe Richtung. Er erscheint alle zwei Jahre. Die Ausgabe von 2016 beklagte den schwindenden Spielraum für zivilgesellschaftliche Akteure. In der jüngsten Ausgabe heißt es, dass inzwischen sogar zu beob-
achten ist, dass Regierungen gerade von ohnehin defekten Demokratien zur Machtsicherung zunehmend rechtstaatliche Verfahren in Frage stellten und diese sogar aushebelten.

 

Michael Windfuhr ist stellvertretender Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte.
info@institut-fuer-menschenrechte.de

Links

Bertelsmann Stiftung, Hg.: Transformation Index BTI 2018: Governance in international comparison, Gütersloh, 2018
https://www.bertelsmann-stiftung.de/en/publications/publication/did/transformation-index-bti-2018/

CIVICUS, Hg., 2017: People power under attack: findings from the CIVICUS monitor, Johannesburg
https://www.civicus.org/index.php/media-resources/reports-publications/2802-people-power-under-attack-findings-from-the-civicus-monitor

Deutsches Institut für Menschenrechte
https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/startseite/

 

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