Weltpolitik

Erfüllt Biden sein „Amerika ist wieder da“-Versprechen?

Kurz nach Amtsantritt sagte US-Präsident Joe Biden: „America is back.“ Es ging darum, dass sein Land nach seinem unberechenbaren Vorgänger Donald Trump nun wieder als konstruktiver Partner internationaler Bündnisse Demokratie uneingeschränkt unterstützen und eine regelbasierte Weltordnung befürworten werde. Die Botschaft war willkommen, aber nicht völlig überzeugend.
Präsident Biden besichtigt im August Hochwasserschäden in Kentucky. picture-alliance/REUTERS/Kevin Lamarque Präsident Biden besichtigt im August Hochwasserschäden in Kentucky.

Biden trat zwar schnell dem Pariser Abkommen zum Klimawandel wieder bei, aber seine Klimapolitik kam im Kongress monatelang nicht voran. Zudem scheute sich der Präsident, sich klar von seinem Vorgänger und dessen Anhängern zu distanzieren, obwohl diese sich offensichtlich undemokratisch verhielten. Besonders deutlich wurden die autoritären Neigungen Trumps beim Aufstand im Kongressgebäude am 6. Januar 2021, aber sie waren schon vorher zu erkennen. Ein Spitzenpolitiker wie Biden, der sich gegen autoritäre Tendenzen weltweit ausspricht, aber zu ähnlichen Entwicklungen zu Hause schweigt, verliert an Glaubwürdigkeit.

In den vergangenen Wochen hat sich vieles zum Besseren gewendet. Der Kongress hat eine ehrgeizige Klimapolitik beschlossen, um die Treibhausgasemissionen der USA bis zum Ende des Jahrzehnts auf 60 Prozent des Niveaus von 2005 zu senken. Biden strebte ursprünglich 50 Prozent an, was noch besser gewesen wäre, aber seine Diplomaten reisen immerhin nicht mit leeren Händen zum Klimagipfel in Ägypten im November.

Außerdem hat Biden begonnen, Trump und ihn unterstützende Republikaner klar als Bedrohung der Demokratie zu benennen. Meinungsumfragen zufolge können seine Demokraten nun ihre Senatsmehrheit bei den Kongresswahlen im Herbst wohl verteidigen und möglicherweise auch im Repräsentantenhaus behalten. Wenn beides gelänge, wären weitere Beschlüsse zur Klimapolitik und zur Verteidigung der Demokratie möglich.

Beide Themen haben für die internationale Entwicklung enorme Relevanz. Die Klimakrise eskaliert, und ohne die USA ist kein Fortschritt möglich. Weltweit verursachen extreme Wetterlagen zunehmende Schäden (siehe Schwerpunkt in der E+Z/D+C Digitalen Monatsausgabe 2022/06). Auch die USA sind betroffen.

Aus verschiedenen Gründen werden die Klimaverhandlungen in Sharm el-Sheikh im November schwierig werden. Der Ukrainekrieg führt zu enormen Klimaemissionen, die die internationale Öffentlichkeit bislang noch weitgehend ignoriert. Kurzfristig ist zudem das Interesse an fossiler Energie gestiegen. Inflation – eine Folge des Krieges, aber auch der von Corona unterbrochenen Lieferketten – belastet viele Volkswirtschaften. Die Debatte darüber, was Nationen mit hohen Einkommen weniger glücklichen Völkern schulden, wird großen Raum einnehmen. Es macht die Sache nicht leichter, dass Erstere viele Versprechen nicht erfüllt haben. Andererseits hat der Krieg das langfristige Interesse an erneuerbarer Energie neu angefeuert, und die Zahl derjenigen, die bestreiten, dass sich das Klima erhitzt, ist angesichts unleugbarer Schäden kleiner geworden.

Die Verhandlungen werden hart. Die Aussicht wäre arg düster, wenn von Anfang an feststünde, dass von den USA nichts zu erwarten ist.

Gut ist auch Bidens neu formulierte Haltung zur US-Demokratie – vor allem wenn seine Partei in den Kongresswahlen gut abschneidet. Leider prägt kurzfristiges Denken demokratische Politik. Nur wenige Demokratien haben sich seit dem Erdgipfel in Rio 1992 Umweltproblemen mit dem nötigen Ehrgeiz gestellt. Allerdings übernehmen Despoten tendenziell noch weniger Verantwortung. Sie konzentrieren sich auf das Überleben ihres Regimes und sorgen sich wenig um das Gemeinwohl, wenn ihr Repressionsapparat stark genug ist. Russland hat sich beispielsweise in der Klimapolitik noch nie profiliert. Seit seinem Überfall auf die Ukraine stocken Verhandlungen über den Schutz der unverzichtbaren borealen Wälder. China hat in der Vergangenheit eine konstruktive Rolle gespielt, neigt aber inzwischen mehr zu engstirnigen Nationalismus.

Sowohl mit Blick auf Klima als auch Demokratie hat Biden begonnen zu liefern. Mehr ist nötig. Wenn andere ihre Klimaziele hochschrauben sollen, wird das auch von den USA erwartet werden. Das Rechtssystem der USA muss zudem Trump zur Rechenschaft ziehen. Andernfalls dürfte Straflosigkeit auch anderswo, wo der Rechtspopulismus virulent ist, zur Norm werden.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit /D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu

 

Relevante Artikel

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.