Emissionshandel

Afrika ist auf Milliardenjagd

Afrika setzt zunehmend auf Emissionsgutschriften. Sie versprechen hohe Einnahmen und grüne Arbeitsplätze. Fraglich bleibt, wie transparent, effektiv und ethisch vertretbar der Emissionshandel in Afrika ist.
Die kenianischen Ogiek reichten eine Klage ein, um die Vertreibung aus dem Mau-Wald, ihrer Heimat, zugunsten geplanter Emissionsausgleichsprojekte anzufechten. picture-alliance/ZUMAPRESS.com/James Wakibia Die kenianischen Ogiek reichten eine Klage ein, um die Vertreibung aus dem Mau-Wald, ihrer Heimat, zugunsten geplanter Emissionsausgleichsprojekte anzufechten.

Die 28. UN-Klimakonferenz (COP28) in Dubai war eine Enttäuschung für alle, die sich Reformen erhofft hatten – auch im Hinblick auf die beiden Hauptansätze zur Bepreisung von CO2: Emissionshandel und CO2-Besteuerung.

Auf der COP26 in Glasgow im Jahr 2021 wurden wichtige Meilensteine erreicht. Die Länder einigten sich darauf, den Transfer von Emissionsminderungen zu unterstützen, Anreize für den Privatsektor zu schaffen und marktunabhängige Ansätze zur Klimawandelanpassung und -minderung zu verfolgen. Mit der COP27 in Scharm el-Scheich wurde jedoch nur wenig erreicht, und auf der COP28 kamen die Dinge zum Stillstand.

Besonders frustrierend ist das für Afrika. Hoffnungen auf die COP28 waren hier groß. Zwei Monate zuvor hatten sich die Länder beim Afrikanischen Klimagipfel auf den Vorschlag eines „globalen Steuersystems einschließlich einer CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe, den Schiffs- und Luftverkehr“ geeinigt. Afrika ist für nur vier Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich, leidet aber mitunter am stärksten unter den Folgen der Klimakrise.

Die globalen Märkte für Emissionsberechtigungen und -kompensationen haben in der jüngsten Vergangenheit schweren Imageschaden erlitten. Emissionsberechtigungen werden Teilnehmern (z. B. Unternehmen oder Ländern) innerhalb eines regulierten Handelssystems mit einer Obergrenze von einer Behörde erteilt. Emissionskompensationen entstehen zum Beispiel, wenn ein Unternehmen in umweltfreundliche Projekte investiert, um Emissionen zu vermeiden. Diese Kompensationen können auf freiwilligen Märkten gehandelt werden.

Trotz Kritik beliefen sich nach Angaben der Weltbank die Einnahmen aus CO2-Steuern und dem Emissionshandel 2023 auf 95 Milliarden Dollar. Ihr kürzlich veröffentlichter Bericht „State and Trends of Carbon Pricing for 2023: International Carbon Markets“ zeigt, dass Finanzzuflüsse in die Emissionshandelsmärkte zugenommen haben. Auch Untersuchungen der privaten Einrichtungen Trove Research und International Emissions Trading Association zeigt, dass zwischen 2020 und 2022 17 Milliarden Dollar in den Emissionshandel investiert wurden. Laut einer Studie von InsightAce Analytic, einer anderen Firma, wird der Weltmarkt für Emissionsgutschriften bis 2023 auf fast 403 Milliarden Dollar geschätzt – Geld, an dem auch Afrika interessiert ist. Es kann helfen, riesige Lücken in der Klimafinanzierung des Kontinents zu schließen.

„Studien zeigen, dass mit 20 Dollar pro Tonne naturbasierter Emissionsgutschriften jährlich 82 Milliarden Dollar erwirtschaftet werden könnten. Das ist etwa das Anderthalbfache dessen, was Afrika an Entwicklungshilfe (ODA – official development assistance) erhält“, sagte Claver Gatete, Exekutivsekretär der UN-Wirtschaftskommission für Afrika, am Rande der COP28. Laut Gatete führt die UN-Agentur derzeit Gespräche mit den Mitgliedstaaten, um sicherzustellen, dass die Teilnahme Afrikas am Emissionshandel auf „Zertifikaten mit hoher Integrität“ basiert, die gewährleisten, dass der Kontinent in der Lage ist, Maßnahmen zur fairen Gewinnbeteiligung, die Einführung nachhaltiger Dekarbonisierungsstrategien und Investitionen in umweltfreundliche Lösungen zu ermöglichen.

„Nächster großer Export“

Als erstes afrikanisches Land erhielt Gabun 2021 17 Millionen Dollar von der Central African Forest Initiative, um den Regenwald im Kongobecken zu schützen und so Emissionen zu reduzieren.

Dies löste einen Wettlauf um staatliche Programme zum Ausgleich von CO2-Emissionen in Afrika aus. Auf der COP27 erklärte der kenianische Präsident William Ruto Emissionsgutschriften zum „nächsten großen Exportartikel“ seines Landes. Dort stellte er mit anderen afrikanischen Staatsoberhäuptern die African Carbon Markets Initiative vor, die bis 2030 jährlich sechs Milliarden Dollar erzielen, 30 Millionen grüne Arbeitsplätze in Afrika schaffen und 300 Millionen Emissionsgutschriften generieren soll.

Wenige Wochen nach der COP27 lancierte Ruto eine ehrgeizige Baumpflanzungsinitiative, in deren Zuge bis 2032 in Kenia 15 Milliarden Bäume gepflanzt und etwa 5,1 Millionen Hektar geschädigtes und entwaldetes Land wiederhergestellt werden sollen, um Emissionsgutschriften zu erhalten.

2023 richtete der kenianische Staatschef dann den ersten afrikanischen Klimagipfel in Nairobi aus und positionierte diesen auch als Plattform für die Entwicklung des Kontinents zu einem Handelsplatz für Emissionszertifikate. Der Gipfel endete mit Zusagen für Emissionsgutschriften im Wert von 650 Millionen Dollar im Rahmen der African Carbon Markets Initiative.

Die Zusage wurde von Konzernen aus dem Nahen Osten angeführt, insbesondere von der UAE Carbon Alliance und der Blue Carbon Company aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die mit mehreren afrikanischen Regierungen Landverträge über mehrere Millionen Dollar zur Sicherung und Bewirtschaftung von Wäldern, Feuchtgebieten, Mooren, Sümpfen und Grasland sowie küstennahen Mangrovenwäldern unterzeichnet hatten. Die Regierungen versprechen, diese Gegenden zu erhalten und CO2-Zertifikate zu erzeugen. Im Gegenzug verkaufen die Konzerne die Emissionsgutschriften an Unternehmen und Regierungen, die ihre Emissionen kompensieren und so ihre Klimaversprechen erfüllen wollen.

Derzeit gibt es zwei Arten von Emissionshandel:

  • Regierungen richten ein reguliertes Handelssystem mit einer Emissionsobergrenze in einem bestimmten Gebiet ein. Ein Beispiel ist das Emissionshandelssystem der EU. Unternehmen und Länder, die ihre Emissionsquoten ausgeschöpft haben, können ungenutzte Emissionsberechtigungen von anderen Unternehmen kaufen oder „Ausgleichsgutschriften“ von Ländern außerhalb des geografischen Geltungsbereichs erwerben, um weiter zu emittieren.
  • Der freiwillige Emissionshandel ist kaum reguliert. Unternehmen legen ihre eigenen Emissionsziele fest und kaufen Emissionsgutschriften von Anbietern, um ihre Emissionen zu decken oder auszugleichen.

In Afrika ist vor allem der freiwillige Markt verbreitet, da die Länder nur langsam einen rechtlichen Rahmen für einen regulierten Markt schaffen. Der freiwillige Markt in Afrika ist jedoch umstritten. Er gilt als undurchsichtig, diskriminierend, unfair und ineffektiv in Bezug auf Entwicklungs- und Klimapolitik. Die Umweltministerin des Kongo, Arlette Soudan-Nonault, bezeichnete ihn als „unregulierten Wilden Westen“.

Dominiert wird der freiwillige Emissionshandel in Afrika derzeit von Kenia mit Projekten wie einer Mangrovenwiederherstellungsinitiative und den Kompensationsprojekten des Northern Rangelands Trust, so Kenias Sonderbeauftragter für den Klimawandel, Ali Mohamed. Ähnliche Projekte gibt es in Côte d’Ivoire, der Demokratischen Republik Kongo, Gabun, Gambia, Ghana, Madagaskar, Mosambik, Senegal, Uganda, Sambia und Simbabwe.

Sieben Wochen nach dem Gipfeltreffen in Nairobi 2023 begann die kenianische Regierung mit der Vertreibung der Ogiek-Gemeinde aus ihren Häusern im Mau-Waldgebiet und machte sie für die Abholzung von mehr als 2500 Hektar Wald verantwortlich. Die Regierung plant, den Wald einzuzäunen und 4,3 Millionen Bäume zu pflanzen. Zwei Wochen nach dem Beginn wurden die Zwangsräumungen jedoch gerichtlich vorläufig gestoppt.

Schwerwiegende Mängel

Nicht nur in Kenia wird Afrikas Geschäft mit Emissionszertifikaten, die als naturbasierte Lösungen angepriesen werden, von klimapolitischen Thinktanks, Wissenschaft und Zivilgesellschaft kritisiert. Sie bemängeln bei verschiedenen Projekten auf dem Kontinent fehlende Transparenz, eine ungerechte Verteilung der Einnahmen, Greenwashing und die Enteignung indigener und lokaler Gemeinschaften.

2023 veröffentlichte die Menschenrechtsgruppe Survival International einen Bericht, der schwerwiegende Mängel im Northern Rangelands Grassland Carbon Project, einer der vielen kenianischen Initiativen, aufdeckte, darunter das Fehlen einer vorherigen Zustimmung und finanzieller Integrität, eine undurchsichtige Aufteilung des Gewinns, mangelnde wissenschaftliche Genauigkeit und Bedenken hinsichtlich der Verwaltung.

Das Oakland Institute, ein unabhängiger politischer Thinktank mit Sitz in den USA, hat in seinem Bericht 2023 gewarnt, dass Afrika mit „verheerenden sozialen und ökologischen Auswirkungen“ konfrontiert ist, auch durch „Korruption und Betrug im freiwilligen Emissionshandel“.

Laut Anuradha Mittal, Geschäftsführerin des Oakland Institute, seien Kenia und andere Länder blind für das Versagen des freiwilligen Emissionshandels. Er würde den Ausstoß nicht reduzieren. „Interessenkonflikte, Betrug und Spekulationen belasten den Handel, während Kompensationsprogramme und Baumplantagen zunehmend zur Enteignung von Gemeindeland führen, um Gewinne für Investor*innen zu erzielen“, sagte sie. „Die Ausweitung des Emissionshandels kommt Afrika nicht zugute, sondern verstetigt die Ressourcenausbeutung, Treibhausgasbelastung und das Machtungleichgewicht.“

Ein Zusammenschluss von Zivilgesellschaften unter der Leitung von Power Shift Africa und Climate Action Network International schrieb ebenfalls in einem vernichtenden Bericht: „Der Emissionshandel kommt den Verschmutzer*innen, den Unternehmen für fossile Brennstoffe und den Makler*innen zugute. Sie treiben die Verschmutzung über die Klimagrenzen hinaus und sind ein neokoloniales Hindernis für echte afrikanische Entwicklungswege.“

Eine andere Richtung ist gefragt, wenn Afrikas Teilnahme am Emissionshandel dem Kontinent, seinen Menschen und seiner Natur wirklich zugutekommen soll. Gerechte Kostenteilung, Transparenz, die Achtung indigener Landrechte und nachhaltige Projekte ohne Greenwashing müssen im Mittelpunkt stehen.

Wanjohi Kabukuru ist ein kenianischer Journalist, der sich auf Umweltthemen spezialisiert hat.
wkabukuru@gmail.com
https://twitter.com/wanjohik

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.